Was sind die Rechtsgrundlagen der SOKA-BAU?

Entscheidend für die Mitgliedschaft in der SOKA-BAU ist der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV). In diesem Tarifvertrag wird festgelegt, für welche Betriebe die Mitgliedschaft in der SOKA-BAU verpflichtend ist. Dieser VTV wurde vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales für allgemeinverbindlich erklärt. Dies führt dazu, dass Tarifverträge, die eigentlich nur für die Tarifvertragsparteien verbindlich sind, für die gesamte Branche Anwendung finden.

Zwar wurde diese Allgemeinverbindlichkeitserklärung für mehrere Jahre durch Urteile des BAG für unwirksam erklärt, jedoch weilte die Hoffnung vieler Unternehmen nur kurz. Als Reaktion auf diese Urteile hat der Gesetzgeber das sogenannte Sozialkassenverfahrenssicherungsgesetz (SokaSiG) erlassen und damit war die Allgemeinverbindlichkeit auf einmal wieder in der Welt. Daneben gibt es noch mehrere weiterer Rechtsquellen (Tarifverträge und Gesetze), die je nach Situation eine Rolle spielen können.

Viele Unternehmen sind über ihre Pflichtmitgliedschaft in der SOKA-BAU im Unklaren, bis sie plötzlich mit Beitragsforderungen oder im schlimmsten Fall sogar hohen Nachforderungen inklusive Verzugszinsen überrascht werden.

Zu Recht mag man sich da fragen: Ist das alles rechtens? Dürfen Unternehmen zur Mitgliedschaft gezwungen werden? Welche Rechtsgrundlage liegt dem zugrunde? Können auch ausländische Unternehmen beitragspflichtig sein?

SOKA-BAU Pflichtmitgliedschaft ist rechtlich sehr komplex geregelt

Entscheidend für die Mitgliedschaft in der SOKA-BAU ist der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV). In diesem Tarifvertrag wird festgelegt, für welche Unternehmen, oder genauer gesagt Betriebe, die Mitgliedschaft in der SOKA-BAU verpflichtend ist.

Entscheidend für die Pflichtmitgliedschaft ist nach dem VTV vor allem die Frage, welche Tätigkeiten ein Betrieb ausübt. Von der Pflichtmitgliedschaft werden die Betriebe erfasst, die „überwiegend“, das heißt zu mehr als der Hälfte der geleisteten Arbeitsstunden im Betrieb, die in § 1 Abs. 2 Abschnitt I bis V des VTV aufgeführten Tätigkeiten ausüben.

Hierbei knüpfen § 1 Abs. 2 Abschnitt I bis III des VTV eher abstrakt an die Zweckbestimmung der betrieblichen Tätigkeiten an. Vereinfacht gesagt besteht die Pflichtmitgliedschaft nach diesen Regeln dann, wenn der Zweck der Tätigkeiten irgendwie mit baulichen Leistungen in Verbindung gebracht werden kann. Hierfür können schon die Lieferung von Bauteilen oder reine Instandhaltungstätigkeiten (zum Beispiel Hausmeistertätigkeiten) ausreichen.

Gemäß § 1 Abs. 2 Abschnitt I bis III des VTV zählen folgende Leistungen dazu:

  • die Erstellung von Bauten aller Art,
  • die Erbringung baulicher Leistungen, die der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen,
  • die Erbringung sonstiger baulicher Leistungen.

Um zu ermitteln, welche Arten von Tätigkeiten zu diesen baulichen Leistungen gehören, werden in der Regel zunächst die in § 1 Abs. 2 Abschnitt IV des VTV genannten Tätigkeit herangezogen, sowie eine lange Liste von 42 Beispielen aus § 1 Abs. 2 Abschnitt V des VTV. Von einer Pflichtmitgliedschaft bei der SOKA-BAU sind Betriebe dann betroffen, wenn sie überwiegend eine oder mehrere dieser aufgelisteten Tätigkeiten ausführen. Der Begriff „überwiegend“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass mehr als 50 % der betrieblichen Arbeitszeit mit den vorgenannten Tätigkeiten verbracht werden; Umsatz spielt keine Rolle.

Das Netz der SOKA-BAU ist dabei engmaschig: Selbst wenn ein Betrieb keine der im VTV aufgeführten Beispieltätigkeiten erbringt, oder zumindest nicht überwiegend erbringt, kann der Betrieb dennoch gemäß § 1 Abs. 2 Abschnitt I und Abschnitt II VTV beitragspflichtig sein. Nämlich dann, wenn er überwiegend Bauten aller Art erstellt oder andere bauliche Leistungen erbringt, die der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, oder sonstige bauliche Leistungen erbringt.

Hierzu kann im Grunde alles zählen, was irgendwie mit Gebäuden zu tun hat. Jedoch müssen die Sozialkassen des Baugewerbes im Streitfall genau erklären, warum sie in dem konkreten Einzelfall von einer Pflichtmitgliedschaft ausgeht. Dies kann dem Betrieb Spielraum geben, gegen die Pflichtmitgliedschaft zu argumentieren.

Aber Vorsicht! Selbst bei Vor‑, Nach- und Nebenarbeiten besteht ebenfalls eine Beitragspflicht, wenn die Arbeiten in Zusammenhang mit der baulichen Leistung stehen. Damit erwischt es oft auch Betriebe, die sich eigentlich sicher wähnen, weil sie sich nur zum „Baunebengewerbe“ zählen. Die SOKA-BAU und der VTV kennen diese Unterscheidung zwischen Bauhauptgewerbe und Baunebengewerbe jedoch nicht.

Diese Regeln zu Beitragspflicht basieren auf verschiedenen Rechtsgrundlagen.

Allgemeine Rechtsgrundlagen der SOKA-BAU

Die Pflichtabgaben der SOKA-BAU basieren auf folgenden allgemeinverbindlichen Tarifverträgen als Rechtsgrundlagen:

Dabei regelt der BRTV allgemeine Arbeitsbedingungen für die gewerblichen Arbeitnehmer im Baugewerbe, die eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausüben. Der TV Mindestlohn schreibt in Abhängigkeit vom Standort (Alte Bundesländer, Neue Bundesländer, Berlin) einen Mindestlohn im Baugewerbe vor. Der VTV regelt unter anderem die Pflichtmitgliedschaft in der SOKA-BAU.

Zulässigkeit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung und SOKA-Sicherungsgesetz

Der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe wurden und werden regelmäßig vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales für allgemeinverbindlich erklärt. Eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung führt dazu, dass Tarifverträge, die eigentlich nur für die Vertragsparteien verbindlich sind, für die gesamte Branche verbindlich werden.

Für die SOKA-BAU und die Bauunternehmen, bzw. die Betriebe, die der VTV als Baubetriebe definiert, bedeutet dies, dass automatisch eine Pflichtmitgliedschaft in der SOKA-BAU entsteht. Daher sprechen viele Unternehmer in diesem Zusammenhang von einer Zwangsmitgliedschaft.
Mit zwei Beschlüssen vom 21. September 2016 (BAG vom 21.9.2016, Az.: 10 ABR 33/15; 10 ABR 48/15) hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Allgemeinverbindlichkeitserklärungen des VTV von 2008, 2010 und 2014 überraschend aufgehoben. Damit drohten der SOKA-BAU plötzlich hohe Rückforderungen der zwangsverpflichteten Baubetriebe.

Das Sozialkassenverfahrenssicherungsgesetz (SokaSiG)

Um die SOKA-BAU zu schützen, hat der Gesetzgeber daraufhin das sogenannte Sozialkassenverfahrenssicherungsgesetz (SokaSiG) erlassen. Das Ziel des SokaSiG besteht offiziell darin, der durch die Gerichtsurteile verursachte Rechtsunsicherheit sowie der Gefährdung von Sozialkassen und Leistungsansprüchen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu begegnen. Faktisch liegt dem Gesetz der politische Wille zugrunde, die SOKA-BAU vor den Rückforderungen der zuvor zwangsverpflichteten Baubetriebe zu schützen.

Durch das SokaSiG wurden alle betroffenen Tarifverträge sowie die aktuell gültigen Tarifverträge seit 2006 per Gesetz für alle Unternehmen im Baugewerbe für allgemeinverbindlich erklärt. Damit war die ursprüngliche Rechtslage, die vor den Urteilen des Bundesarbeitsgerichtes bestand, rückwirkend wieder hergestellt. Das SokaSiG und die Allgemeinverbindlichkeitserklärung des VTV von 2016 wurden inzwischen auch vom Bundesarbeitsgericht als rechtmäßig bestätigt. Auch das Bundesverfassungsgericht urteilte, dass das SokaSiG trotz seiner rückwirkendenden Geltung verfassungskonform ist.

SOKA-BAU-Rechtsgrundlagen für ausländische Arbeitgeber

Auch ausländische Unternehmen sind zur Entrichtung von Beiträgen an die SOKA-BAU verpflichtet. Dies folgt daraus, dass die tariflichen Urlaubsregelungen einheitlich für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschlands gelten. So wird kein Unterschied gemacht, ob es sich um Bauunternehmen mit Sitz im Ausland oder Inland handelt, solange sie Arbeitnehmer auf Baustellen in Deutschland einsetzen.

Für ausländische Arbeitgeber sind ebenfalls verschiedene Rechtsgrundlagen gültig:

Insbesondere besteht eine Auftraggeberhaftung der in Deutschland niedergelassenen Auftraggeber für ihre ausländischen Subunternehmer gem. § 14 AentG (Arbeitnehmer-Entsendegesetz). Da somit ein deutscher Auftraggeber für die Sozialkassenbeiträge seiner ausländischen Subunternehmer haftet, ist die regelmäßige Überprüfung der ordnungsgemäße Abführung in seinem Interesse und sollte nicht außer Acht gelassen werden.

Fazit

In der Vergangenheit wurden die Rechtmäßigkeit der Rechtsgrundlagen für die SOKA-BAU sowie die Pflichtmitgliedschaft bei der SOKA-BAU mehrfach angezweifelt. Aufgrund des SokaSiG, der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts sind der VTV und die Allgemeinverbindlichkeitserklärung in seiner geltenden Fassung zweifelsohne wirksam und die Beiträge für betroffene Baubetriebe verpflichtend.

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